Jährlich werden rund eineinhalb Milliarden Schweine, Kühe und andere Tiere auf engstem Raum und unter Verstoß gegen EU-Recht Tage lang durch die Europäische Union und in Drittländer transportiert, häufig ohne ausreichende Versorgung mit Wasser und bei unerträglichen Temperaturen. Immer wieder kommt es zu eklatanten Missständen auf den langen Transportstrecken mit lebenden Tieren in der EU und über die Grenzen in Drittstaaten. Am 19. Juni 2020 stimmte das EU-Parlament mit einer überragenden Mehrheit für einen Untersuchungsausschuss zu Tiertransporten.
EU-Mitgliedsstaaten haben Transportverordnung bisher nur spärlich kontrolliert
Die Kommission hat ihre Aufgabe die Einhaltung der Verträge zu kontrollieren bisher nur unzureichend wahrgenommen. Der Untersuchungsausschuss für Tiertransporte wird jetzt hoffentlich das Leid auf den europäischen Straßen an die Öffentlichkeit bringen und damit endlich an den längst überfälligen Verbesserungen der geltenden Transportverordnung arbeiten.
Überarbeitung der Transportverordnung überfällig
- Jährlich werden über eine Milliarde Geflügel und 37 Millionen lebende Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen und Pferde grenzüberschreitend innerhalb der EU sowie in und aus Drittstaaten transportiert.
- Tiertransporte verursachen oft massive Tierschutzprobleme durch zu lange Transportzeiten und sehr schlechte Transportbedingungen.
- Tiertransporte finden nicht nur auf der Straße, sondern auch auf dem Seeweg statt. Tage und Wochen müssen die Tiere auf engstem Raum auf den Schiffen stehen.
- Viele der Tiere überleben die Tortour nicht und verenden qualvoll auf ihrer Reise über das Mittelmeer. Die Tiere werden meist über mehrere Tage bis zu Wochen transportiert, wobei es zu schweren Verletzungen und grausamen Todesfällen kommt.
In vielen Zielländern gelten keine Tierschutzstandards
- Seit 2007 gibt es die EU-Tierschutztransportverordnung (VO (EG) 1/2005) für den Schutz von Tieren beim Transport.
- Seit 2015 steht durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs fest, dass die Verordnung bis zum Zielland, also auch über die EU-Grenzen hinaus, eingehalten werden muss.
- Selbst bei Einhaltung der Verordnung sind die Tiere aber nicht ausreichend geschützt, sodass die Verordnung dringend im Sinne der Tiere überarbeitet werden muss.
- Die EU-Kommission hat eine Überarbeitung der Verordnung schon oft angekündigt, aber immer wieder verschoben.
Eine von VIER PFOTEN in Auftrag gegebene Integral-Studie im Jahr 2019 hat ergeben, dass 93 Prozent der österreichischen Bevölkerung kürzere Transportwege von lebenden Tieren innerhalb der EU oder in Drittstaaten befürworten. Im Rahmen der „Farm to Fork“-Strategie wurde diese längst überfällige Überarbeitung endlich angekündigt. Diese muss jetzt wirkliche Verbesserungen für die Tiere schaffen.
Skandal der Horrorzustände bei Tiertransporten nicht länger aussitzen
Das ist ein großer erster Erfolg für den Tierschutz. Auch auf Druck der Zivilgesellschaft hin können die EU-Regierungen und die Konservativen im Europaparlament den Skandal der Horrorzustände bei Tiertransporten nicht länger aussitzen. Die Arbeit im Europaparlament gegen die Tierquälerei auf Europas Straßen kann nun beginnen.
kommentieren Sarah Wiener und Thomas Waitz, Europaabgeordnete der Grünen, die Einrichtung des Untersuchungsausschusses zu Tiertransporten in Europa.
Laut Thomas Waitz, Mitglied des Agrarausschusses und Ko-Vorsitzender der Europäischen Grünen, muss jetzt der Grundstein für eine Reform der Tiertransportverordnung gelegt werden. Die jetzige EU-Verordnung sei veraltet und wird kaum eingehalten. Es bedarf nicht nur ein engmaschiges Netz an Kontrollen, sondern auch kürzere Transportzeiten und bessere Versorgung der Tiere während der Reise. Das industrialisierte System der Massentierhaltung und deren Folgekosten für Tier und Mensch müssen hier beleuchtet werden.
Sarah Wiener, Mitglied in den Agrar- und Umweltausschüssen des Europäischen Parlaments und Schattenberichterstatterin der Farm-to-Fork-Strategie, kommentiert:
Tierquälerei, eklatante Verstöße gegen den Tierschutz und die Verantwortung der EU-Mitgliedstaaten müssen penibel aufgeklärt werden. Ein Beispiel ist, dass die Transporttauglichkeit von Tieren oft nur ungenau oder gar nicht überprüft wird: Nicht entwöhnte Kälber, trächtige Kühe werden stundenlang unter furchtbaren Bedingungen herumgekarrt. Zudem müssen Lebendtiertransporte in Drittstaaten endlich ganz untersagt werden.